Den Donnerstagmittag nutzten viele Journalisten offenbar zum heiteren Rätselraten, frei nach dem Motto: Wo ist Dembélé? Die französische Sportzeitung L’Équipe verortete ihn in Barcelona, der britische Guardian in Paris. Tatsächlich war Ousmane Dembélé in Dortmund.
Aber er war am Morgen eben nicht dort erschienen, wo er eigentlich hätte sein müssen, beim Training von Borussia Dortmund. Und das ließ prompt die Spekulationen ins Kraut schießen – zumal der Klub zunächst selbst nicht so recht wusste, was geschehen war. „Er war heute Morgen nicht da“, sagte Trainer Peter Bosz am frühen Nachmittag. „Ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung, warum nicht.“
Einige Stunden später klärte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke gegenüber dieser Redaktion auf: „Ousmane ist in Dortmund und einfach nicht zum Training erschienen.“
Warten auf das zweite Angebot
Den Grund dafür hatte der BVB kurz davor per Ad-hoc-Mitteilung an seine Aktionäre bekannt gegeben: Der FC Barcelona, der seit einigen Tagen an der Verpflichtung Dembélés arbeitet, hatte den Dortmundern ein Angebot unterbreitet. Doch dieses lehnte der Klub ab. Weil es „nicht dem außerordentlichen fußballerischen und sonstigen Stellenwert des Spielers und auch nicht der derzeitigen wirtschaftlichen Marktsituation des europäischen Transfermarktes“ entsprochen habe, wie es in dem etwas sperrigen Jargon solcher Meldungen formuliert war. Im Klartext: Das erste Angebot aus Barcelona war deutlich zu niedrig. Und weil es bislang kein neues Angebot gebe, sei „derzeit mit einem Transfer des Spielers zum FC Barcelona nicht zu rechnen und dieser aktuell nicht überwiegend wahrscheinlich“.
Dieses Verhalten werden wir natürlich sanktionieren.
Hans-Joachim Watzke (Borussia Dortmund)
Das hatte der BVB natürlich auch Dembélé mitgeteilt – und der reagierte auf seine Weise. Durch einen Trainingsstreik wollte er offenbar seinen Wechsel erzwingen. „Dieses Verhalten werden wir natürlich sanktionieren“, kündigte Watzke an.
Einen Teil der Strafe machte der BVB am späten Donnerstagnachmittag öffentlich: Dembélé wird bis nach dem DFB-Pokalspiel beim 1. FC Rielasingen-Arlen am Samstag vom Trainings- und Spielbetrieb suspendiert – in Absprache mit dem Trainer, wie Sportdirektor Michael Zorc erklärte. Hinzu kommt nach Informationen dieser Zeitung eine saftige Geldstrafe.
Beendet ist das Thema Dembélé damit aber natürlich nicht: „Wenn einer 500 Millionen bietet, kriegt er jeden Spieler“, sagt Watzke. „Ein Thema ist nie durch, bis die Transferperiode zu Ende ist.“ Tatsächlich bewegt sich die Dortmunder Preisvorstellung eher bei 120 bis 150 Millionen Euro.
Selbst wenn davon laut französischen Medien noch ein Betrag um die 30 Millionen Euro an Dembélés früheren Verein weitergereicht werden müsste: Es wäre eine traumhafte Rendite für einen 20-jährigen Spieler, der erst 2016 vom französischen Erstligisten Stade Rennes kam. Das erste Angebot aus Barcelona aber war von derartigen Dimensionen weit entfernt.
Und auch wenn sich die BVB-Bosse nicht erpressen lassen wollen: Der Donnerstag mit all seinen Wendungen dürfte einen Wechsel eher wahrscheinlicher gemacht haben. Mit seinem Verhalten hat sich Dembélé bei Mitspielern und Fans keine Freunde gemacht, eine weitere Zusammenarbeit erscheint nur noch schwer vorstellbar.
Sorgen der Bosse bestätigt
Mit seinem Verhalten bestätigte der Offensivspieler die Sorgen der Klubbosse: dass er die massive Enttäuschung, sollte ihm der BVB den Weg zu seinem Traumverein verbauen, nicht ohne weiteres runterschlucken würde. Anders als etwa Robert Lewandowski, dem Dortmund einst ein Jahr vor Ende der Vertragslaufzeit den Wechsel zum FC Bayern verbaute – und der in 48 folgenden Spielen dennoch 28 Tore und 14 Vorlagen lieferte. Die Zweifel, dass Dembélé Ähnliches gelänge, sind deutlich gewachsen.